Außerordentliches Jubiläum der Barmherzigkeit

Pressesaal, 5. Mai 2015

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            In der apostolischen Exhortation Evangelii gaudium beschreibt Papst Franziskus das Programm seines Pontifikates. Es gibt darin eine bezeichnende Aussage, die den Sinn des außerordentlichen Jubiläums, das am 11. April ausgerufen wurde, zusammenfasst: “Die Kirche empfindet einen unerschöpflichen Wunsch, Barmherzigkeit anzubieten – eine Frucht der eigenen Erfahrung der unendlichen Barmherzigkeit des himmlischen Vaters und ihrer Tragweite.“ (EG 24). Von diesem Verlangen her gilt es die Einberufungsbulle des Jubiläums Misericordiae vultus zu lesen, in der Papst Franziskus die Ziele beschreibt, die er mit diesem Heiligen Jahr verbindet. Die beiden Eckdaten sind bekannt. Am 8. Dezember 2015, dem Hochfest der Unbefleckten Empfängnis Mariens, wird die Heilige Pforte im Petersdom geöffnet. Am Christkönigssonntag, dem 20. November 2016, kommt das Heilige Jahr zu seinem offiziellen Abschluss. Dazwischen werden die verschiedenen Feierlichkeiten und Ereignisse stattfinden, entsprechend dem offiziellen Veranstaltungskalender.

            Es ist wichtig von Anfang an zu unterstreichen, dass dieses Jubiläum der Barmherzigkeit nicht mit dem Großen Jubiläum des Jahres 2000 verglichen werden kann, und auch nicht verglichen werden will. Alle Versuche einen solchen Vergleich vorzunehmen, müssen insofern bedeutungslos bleiben, weil ein jedes Heiliges Jahr seine je eigene Bedeutung und Zielsetzung hat. Der Papst wünscht, dass dieses Jubiläum in Rom wie auch in den Diözesen gelebt wird. Das verlangt eine besondere Aufmerksamkeit für das Leben und die Bedürfnisse der einzelnen Ortskirchen, damit die Initiativen nicht einfach den bestehenden Planungen übergestülpt werden, sondern diese vielmehr ergänzen. Erstmals in der Geschichte der Heiligen Jahre kann in den Diözesen eine Heilige Pforte – die Pforte der Barmherzigkeit – geöffnet werden, sei es in der Bischofskirche, in einer anderen bedeutenden Kirche oder einem wichtigen Wallfahrtsort. In die gleiche Richtung gehen auch andere Merkmale, die man mit Leichtigkeit in der Einberufungsbulle finden kann und die dieses Heilige Jahr zu einem besonderen machen. Schon der Verweis auf die Barmherzigkeit bricht mit dem traditionellen Schema. Die Geschichte der Jubiläen war die meiste Zeit durch einen Rhythmus von 50 und später 25 Jahren bestimmt. Die beiden bisherigen „außerordentlichen“ Heiligen Jahre (1933.1983) wurden ausgerufen mit dem Blick auf den Jahrestag der Erlösung, erwirkt durch den Tod und die Auferstehung Jesu Christi. Diesmal haben wir es mit einem thematischen Jubiläum zu tun. Es stützt sich auf einen zentralen Glaubensinhalt und will die Kirche zu ihrem vorrangigen Auftrag zurückführen, nämlich in allen Bereichen der Pastoral Zeichen und Zeugin der Barmherzigkeit zu sein. Ich denke nicht zuletzt auch daran, wie Papst Franziskus auf das Judentum und den Islam verweist und aufruft, gerade über das Thema der Barmherzigkeit einen Weg des Dialogs zu finden und so die allgemein bekannten Schwierigkeiten zu überwinden. Nicht vergessen werden soll auch eine weitere originäre Idee, nämlich die der Missionare der Barmherzigkeit. Papst Franziskus wird sie am Aschermittwoch mit einer Feier im Petersdom aussenden. Diese Missionare sollen Priester sein, die sich durch Geduld auszeichnen. Sie sollen in der Lage sein, die Menschen in ihren Grenzsituationen zu verstehen, und zugleich in ihrer Predigt und im Stil wie sie das Sakrament der Versöhnung spenden, die helfende Nähe des Guten Hirten spürbar machen. Ich will mich nun nicht länger in allgemeinen Ausführungen ergehen, sondern zur Organisation des Heiligen Jahres kommen.

            Beginnen wir mit dem Logo, das so etwas wie eine Summa Theologiae zum Thema der Barmherzigkeit darstellt und mit dem Motto, das es begleitet. Das aus dem Lukasevangelium stammende Wort Barmherzig wie der Vater (6,36) lädt ein, die Barmherzigkeit nach dem Vorbild des Vaters zu leben. Dieser ruft dazu auf, nicht zu urteilen oder gar zu verdammen, sondern zu vergeben und in geradezu maßloser Weise Liebe und Verzeihung zu schenken (vgl. Lk 6,37-38). Das Logo ist ein Werk des Jesuiten Marko I. Rupnik. Es zeigt den Sohn, der sich den verlorenen Menschen auf die Schultern lädt. Hier wird ein Bild aufgegriffen, das schon die frühe Kirche sehr geschätzt hat, weil es die Liebe Christi zeigt, der das Geheimnis seiner Menschwerdung im Werk der Erlösung zur Vollendung führt. Das Bild ist so gestaltet, dass deutlich wird, wie der gute Hirte in direkten Kontakt mit dem Fleisch des Menschen kommt. Er tut dies mit einer Liebe, die in der Lage ist, Leben zu verändern. Ein Detail des Bildes darf uns nicht entgehen: Der gute Hirte trägt die Menschheit mit außerordentlicher Barmherzigkeit auf den Schultern und seine Augen verbinden sich mit denen des Menschen. Christus sieht mit dem Auge Adams, und dieser mit dem Auge Christi. Jeder Mensch entdeckt also in Christus, dem neuen Adam, die eigene Menschlichkeit und, indem er in Christi Blick die Liebe des Vaters wahrnimmt, die Zukunft, die ihn erwartet.

Die Szene ist von einer sogenannten Mandorla, einer mandelförmigen Figur, eingefasst. Diese in der antiken und mittelalterlichen Ikonographie beliebte Form deutet die gleichzeitige Präsenz der göttlichen und der menschlichen Natur in Christus an. Die drei konzentrischen Ovale mit ihrem progressiven, nach außen immer heller werdenden Farbverlauf symbolisieren die Bewegung Christi, der den Menschen aus der Nacht der Sünde und des Totes zum Licht bringt. Auf der anderen Seite steht die tiefdunkle Farbe im Zentrum auch für die Undurchdringlichkeit der Liebe des Vaters, der alles verzeiht.

            Das Logo wurde bei den entsprechenden internationalen Organisationen registriert, um jeden unangemessenen Gebrauch zu verhindern und es als geistiges Eigentum zu schützen. Es ist klar, dass jede Verwendung außerhalb des strikt religiösen Bereichs von diesem Päpstlichen Rat autorisiert werden muss und dass jeder Missbrauch auch entsprechend verfolgt wird.

            Die Aktivitäten in diesem Heiligen Jahr entwickeln sich in verschiedenen Kategorien. Zum ersten haben wir die Ereignisse, die große Teilnehmerzahlen erwarten lassen. Die erste Veranstaltung vom 19. bis zum 21. Januar gilt denen, die auf irgend eine Art im Bereich der Wallfahrt tätig sind. Damit wollen wir zeichenhaft deutlich machen, dass das Heilige Jahr eine wirkliche Pilgerfahrt darstellt und auch als solche gelebt werden soll. Wir bitten darum alle Pilger, eine Wegstrecke wirklich zu Fuß zurückzulegen, und sich so vorzubereiten, die Heiligen Pforte in einer Haltung des Glaubens und der Verehrung zu durchschreiten. Dafür ist es wichtig, die einzustimmen, die in diesem Bereich arbeiten, damit sie alles tun, um es nicht bei einem rein touristischen Ereignis zu belassen. Dazu kann es sehr hilfreich sein, dass gerade sie die Erfahrung des Pilgerseins machen.

            Es schien uns ebenfalls bedeutsam, die Gläubigen einzuladen, die in einer besonderen Weise aus der Erfahrung der Barmherzigkeit leben. Dazu versammeln wir am 3. April die weitgefächerte Welt der Menschen, die aus einer Spiritualität leben, die die Barmherzigkeit zum Thema hat (Bewegungen, Vereinigungen, Ordens­ge­mein­schaften). Der Bereich der caritativen Dienste ist eingeladen für den 4. September. Wir denken da besonders an die vielen Freiwilligen. Gerade das Ehrenamt ist Ausdruck dafür, wie die Barmherzigkeit in den verschiedensten Formen konkret gelebt wird und verdient daher eine eigene Feier. Ähnliches gilt für die marianische Spiritualität, die ihren Tag am 9. Oktober haben wird, um die Mutter der Barmherzigkeit zu feiern. Es fehlt auch nicht an Veranstaltungen für die Jugendlichen, die bereits gefirmt sind und die wir einladen, ihren Glauben zu bekennen. Für die Gruppe der 13 bis 16jährigen, für die sich im Bereich der Pastoral oft wenig Angebote finden, haben wir den 24. April reserviert, während sich der Weltjugendtag in Krakau vom 26. bis 31. Juli an die älteren Jugendlichen wendet.

            Eine weitere Veranstaltung gilt den Diakonen, die berufen sind in den Gemeinden den Dienst der Nächstenliebe zu leiten. Ihr Jubiläum wird am 29. Mai sein. Zum 160. Jahrestag der Einführung des Herz-Jesu-Festes in der ganzen Kirche halten wir am 3. Juli das Jubiläum der Priester. Am 25. September versammeln sich die Katechetinnen und Katecheten, die mit ihrem Einsatz für die Glaubensweitergabe in besonderer Weise das Leben der christlichen Gemeinschaft und im Besonderen der Pfarreien unterstützen. Am 12. Juni laden wir die Kranken und Behinderten ein, gemeinsam mit all denen, die sich ihrer in besonderer Weise und mit großer Liebe und Hingabe annehmen. Am 6. November werden wir dann das Jubiläum der Gefangenen feiern. Es soll nicht nur in den Gefängnissen stattfinden, sondern wir prüfen die Möglichkeit, dass auch einige Gefangenen die Möglichkeit haben werden mit Papst Franziskus im Petersdom ihr persönliches Heiliges Jahr zu begehen.

            Eine zweite Kategorie der Veranstaltungen besteht in Zeichen, die Papst Franziskus setzen wird, indem er sich aufmacht zu Menschen in existenziellen Randsituationen. Er wird in der persönlichen Begegnung seine Nähe zu und die Aufmerksamkeit für die Armen, die Leidenden, die an den Rand gedrängten und alle die ein Zeichen der Zuneigung brauchen, zum Ausdruck bringen. Das werden zeichenhafte Momente sein, bei denen wir die Bischöfe und Priester bitten, sie in Gemeinschaft mit dem Papst auch in ihren Diözesen durchzuführen. Das Ziel ist es, allen ein konkretes Zeichen der Barmherzigkeit und der Nähe von Seiten der Kirche zu bringen. Ein weiteres konkretes Zeichen der Nächstenliebe, das als bleibende Erinnerung an das Jubiläum fortbestehen soll, wird in einem Hilfsprojekt bestehen, das in einem bedürftigen Teil der Welt unmittelbare Hilfe bringen soll und die Barmherzigkeit in konkrete und wirkungsvolle Hilfe umsetzt.

            Eine dritte Kategorie sind Angebote für die Pilger, die einzeln nach Rom kommen, also ohne jeglichen organisatorischen Apparat einer Gruppe oder Organisation. Diese werden wir im historischen Zentrum Roms in einige Kirchen empfangen. Sie werden dort Gelegenheit zum Gebet finden, um sich in angemessene Weise vorzubereiten, damit das Durchschreiten der Heilige Pforte wirklich ein spiritueller Moment wird. Alle die als Pilger nach Rom kommen, werden einen gesonderten Zugang finden, um die Heilige Pforte zu erreichen. Das ist notwendig, damit dieses Ereignis wirklich als religiöses Ereignis begangen werden kann, in Sicherheit und auch geschützt von jeglichem Klima des Missbrauchs, das die Millionen von Menschen, die täglich einen der heiligen Orte der Christenheit besuchen, immer mehr heimzusuchen scheint.

            Die offizielle Homepage des Jubiläums ist bereits online: www.iubilaeummisericordiae.va oder auch www.im.va. Dieses Internetangebot steht in sieben Sprachen zur Verfügung: Italienisch, Englisch, Spanisch, Portugiesisch, Französisch, Deutsch und Polnisch. Auf dieser Website werden alle offiziellen Informationen zu den Aktivitäten angeboten Hier finden sich auch Hinweise für die Teilnahme an den Großveranstaltungen mit dem Heiligen Vater sowie alle weiteren offiziellen Mitteilungen im Zusammenhang mit dem Jubiläum. Die Diözesen können hier auch pastorale Hinweise und Empfehlungen finden sowie ihre eigenen Wallfahrten und Aktivitäten im Zusammenhang mit dem Heiligen Jahr rückmelden. Die Homepage ist mit den verschiedenen social networks verknüpft (Facebook, Twitter, Instagram, Google Plus und Flickr), mit deren Hilfe man Updates zu den Initiativen des Heiligen Vaters erhalten und den wichtigsten Ereignissen in Echtzeit folgen kann. Wir sind dabei die Möglichkeiten für eine App zu prüfen, die es ermöglichen könnte, die verschiedenen Informationen zusammenzufassen.

            Wir sind überzeugt, dass das Thema der Barmherzigkeit, das der Heilige Vater der Kirche mit diesem Heiligen Jahr vorgegeben hat, ein Moment wahrer Gnade für alle Christen sein kann sowie ein Weckruf, um den Weg der Neuevangelisierung und der pastoralen Umkehr weiterzugehen, den Papst Franziskus uns aufgezeigt hat. Es gilt der Wunsch des Papstes: „In diesem Jubiläumsjahr finde in der Kirche das Wort Gottes Echo, das stark und überzeugend erklingt als ein Wort und eine Geste der Vergebung, der Unterstützung, der Hilfe und der Liebe. Die Kirche […] mache sich zur Stimme eines jeden Mannes und einer jeden Frau und wiederhole voll Vertrauen und ohne Unterlass: „Denk an dein Erbarmen, Herr, und an die Taten deiner Huld; denn sie bestehen seit Ewigkeit.“ (MV 25)